Quintessenz
Hätten wir vor drei Jahrzehnten bereits gehandelt, wäre die Krise überstanden - sinniert Bruno Latour einst in «Kampf um Gaia»: wir würden heute Museen bauen wie nach gewonnen Kriegen: zu sich stabilisierenden CO2-Messreihen, erholten Böden, fischreichen Gewässern und kaum mehr ansteigendem Meerespiegel dank verlangsamtem Abschmelzen der arktischen Eismassen. Doch die vorhersehbare und abwendbare Krise entpuppt sich stattdessen als, durch eine kollektive Paralyse befeuerte, Mutation des uns zur Verfügung stehenden Habitats mit zunehmend zerstörerischen Auswirkungen auf das Leben der Verursacher.
Als Architekt-innen tragen wir massgeblich zu den Spuren bei, welche der Mensch im Anthropozän hinterlässt; wir manipulieren und versiegeln Böden, verschieben und akkumulieren gewaltige Massen an Aushub und Bauabfällen und bauen mit, unter grossem Energieaufwand gewonnen, Materialien. Es liegt in unserer Verantwortung, eine Architektur unserer Zeit zu ergründen, welche mit lokal Vorhandenem (weiter)baut und Ressourcenkreisläufe bestmöglich schliesst und auf fossile Energieträger verzichtet.
Im Alltag unseres Handwerks erfordert dies eine intrinsische Motivation, den standardisierten Angeboten der Baubranche zu widerstehen und den Zusatzaufwand einer wohldurchdachten und gesellschaftlich verträglichen Planung nicht zu scheuen. Denn je besser ein Gebäude von seiner Umgebung aufgenommen wird, desto eher wird es lange Zeit überdauern. Und je länger ein Gebäude sich weiterverwenden lässt, desto besser lässt sich der hohe Ressourceneinsatz rechtfertigen.